Franz von Schober                 E. T. A. Hoffmann

1796 – 1882

Ein kluger Apotheker fand Ergötzen,

Gebilde seltner Art, von Pflanzen, Tieren

Und Mißgestalten, schön zu präparieren;

Die Monstra dann in Spiritus zu setzen.

 

Mit Staunen sieht man unter edlen Schätzen

Skurrile Mumien seine Hallen zieren.

Zur Labung doch beim einsamen Hantieren

Mag er an Liquour selbst sich manchmal letzen.

 

Da kreist’s und klingt’s um ihn, die toten Fratzen

Gewinnen Leben, und vom tollen Zeuge

Ist Schönes, Wahres nicht zu unterscheiden.

 

Es reden Wurzeln, Flöhe, Hunde, Katzen,

Melodisch an der Wand die alte Geige

Singt ihre Wonnen drein und ihre Leiden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Franz von Schober                 Goethe

1796 – 1882

Ein Urgebirg’, stehst du vor meinen Blicken,

Das heil’ge Haupt in Himmelsregionen,

Und reifst die Frücht’ und Blüten aller Zonen,

Mit jedem Duft und Wohlgeschmack zu beglücken!

 

Wenn Veilchen deinen Fuß und Eichen schmücken;

So ragen weiter Pinien und Zitronen,

Und zwischen deines Gipfels eis’gen Kronen

Kann man der Alpen Wunderrosen pflücken.

 

Nährende Ströme sendest du ins Weite,

Hegst Wild in Forsten, Herden auf in Triften

Und birgst der Erze Hort in deinen Klüften;

 

Stehst ruhig bei der Stürme wildem Streite,

Auf dir wird, wenn der Weltflut Wogen branden,

Einst noch die Arche wahrer Freiheit landen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Franz von Schober                 Heine

1796 – 1882

Fahr hin, ergrimmter Blitz, mit deinen Flammen!

Willkürlich wähnt der Tor dein Zauberlicht,

Fahr nieder, daß es prasselt, brennt und bricht,

Und schlag die Eulennester nur zusammen.

 

Du klärst die Luft, wer dürfte dich verdammen?

Und wann es auch von Schwefel etwas riecht,

Uns schreckt der Beigeschmack von Teufel nicht,

Wir wissen, daß von Gott die Blitze stammen.

 

Der kleine Jude! näselt das Gespötte.

Was Jud’, was klein! Der Geist schreibt die Gesetze,

Verstand und Witz sind deine blanken Waffen,

 

Sie überdauern alle Bajonette;

Gefühl und Phantasie sind deine Schätze.

Rothschild vermag nicht reichere zu schaffen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Franz von Schober                 Jean Paul

1796 – 1882

Was braucht man nicht ätherisch zu empfinden:

Die Sonnen und die Monde weinen,

Es strotzt von Nachtigalln, Zitronenhainen,

Springbrunnen, Masken, Doppelgängern, Blinden.

 

Daß alle Erdenschlacken nur verschwinden,

Strebt man die armen Mädchen auszufeinen,

Daß, hielte sie der Witz nicht an den Beinen,

Sie ärostatisch schwebten in den Winden.

 

Doch sind wir durch den Trödel erst gedrungen,

Steht eines Greises würdige Gestalt,

Von einem Engel liebevoll umschlungen,

 

Wie schöner ihn kein Sterblicher gemalt,

Vor unserm Blick; der Weisheit Sprüche klingen,

Und heil’ge Liebe regt die Ätherschwingen.

 

 

 

 

 

Franz von Schober                 Judith

1796 – 1882                                        (Judith, Kap. 13, V. 9)

 

Auch ich war eine von den stillen kleinen,

Auch meine Seele hat in Schmerz geschwommen,

Wenn einer Taube ich das Licht genommen,

Auch ich war von den Zarten, von den Reinen.

 

Was mußte Ungeheures sich vereinen,

Bis ich um alle Milde so gekommen,

Bis des Entsetzens Gipfel ich erklommen,

Daß Menschenmord mir Wollust kann erscheinen.

 

Und doch, ihr Schwestern, hat es sich begeben,

Ja, alle Güter konnt’ ich d’rum verschwenden,

Die mir das Höchste sonst und Schönste galten;

 

Unschuld und Schönheit, selbst das junge Leben,

Nur um in diesen grau’ndurchzückten Händen

Als Preis des Feindes blut’ges Haupt zu halten.

 

 

 

 

 

 

 

Franz von Schober                 Simson

1796 – 1882                                        (Judicum, Kap. 16, V. 18-22)

 

Es kann nicht sein, du hast mich nicht betrogen,

Rief ich, als wild des Schlafes Thore sprangen,

Als in der Hand, die liebend ich umfangen,

Die Lock’ ich sah, die mir geraubte, wogen;

 

Rief es, als schon in meiner Augen Bogen,

Von Schreck gespannt, der Feinde Eisen drangen,

Ja, rief es noch, als über meine Wangen

Zu ew’ger Nacht die blut’gen Ströme zogen.

 

So unantastbar war an dich mein Glauben,

So fest hing ich an deiner Treue Schwüren,

Die du mir brachst so gräßlich und so schnelle;

 

Und noch soll nichts dein reines Bild mir rauben,

Mit in die Nacht will ich’s hinüberführen,

Daß ein Gestirn das Dunkel mir erhelle.

 

 

 

 

 

Franz von Schober                 Saul

1796 – 1882                                        (1. Samuelis, Kap. 28.)

 

Entsagt’ ich auch den nächt’gen Geisterschauern,

Da Lieb’ und Lust das Leben mir versprochen:

Soll doch, da schnöd’ es seinen Eid gebrochen,

Auch mein Gelübde kindisch nicht mehr dauern;

 

Beschwörend streck’ ich ob des Grabes Mauern

Die Lilie aus, die mir der Schmerz zerstochen,

Wohl ist mein Herz, mein Muth ist nicht gebrochen,

Ich kann mit Lust auf das Entsetzen lauern.

 

Steig’ aus der gruft, du moderndes Gerippe,

Von dir kann ich den Fluch gelassen hören,

Der mich empört auf holder Lebenslippe;

 

Dir kann ich kalt den gräßlichen erwidern,

Und keine Rührung wird den Vorsatz stören,

Da Liebe floh, dem Tod mich zu verbrüdern.

 

 

 

 

Franz von Schober                 Der Jäger

1796 – 1882

Der Jäger dringt unmuthig durch die Zweige

Und lagert sich zur Rast auf’s weiche Moos;

Doch seine Hand läßt das Gewehr nicht los,

Ob dennoch sich vielleicht ein Wild noch zeige.

 

Da naht die Sennin auf dem schmalen Steige,

Setzt sich zu ihm, spricht wenig, lächelt bloß,

Doch in dem klaren Auge, blau und groß,

War’s grad’, als ob sich ihm der Himmel neige.

 

Verwandelt ist sein Sinnen und sein Trachten,

Gebändigt ist in ihm der trotz’ge Riese

Und seine Seele füllt ein süßes Schmachten.

 

Da liegt die Flinte, und der schönste Hase

Im nahen Busche, wie im Paradiese,

Spielt ungefährdet, wohlgemuth im Grase.